KARIES
Alice
Mit jedem Album ein neuer Schritt, eine neue Landschaft. Absurd bunt das Cover, dabei klingt das dritte Album eher wie eine leere Stadt nach einem heftigen Regen. Die hohe Luft-Feuchtigkeit läßt die Strassen dampfen. Die artikulierte, düster-schwermütige Enge des Vorgänger-Albums ist scheinbar einer lichteren, entspannteren Haltung gewichen. Das zuvor schwarz-weiße innerhalb ihres Sounds mutiert im Namen druckvoll gespielter Post-Punk-Riffs zu einem bisweilen ins Euphorische übergehenden Attitüde, bei der der Bass nach vorne prescht und die Gitarre für atonale und hart geschrammelte Akzente sorgt und z.B. bei "Nebenstrassen" mit gnadenlosem Anschlag a la Peter & the test Tube Babies für viel Bewegung sorgt, kontrastiert von schroffen Abfällen in die sonische Sauna mit schwermütig verzerrten Intermezzo-Parts. Die Arrangements sind raffinierter aufgebaut, das Spiel mit Stimmungen wirkt abwechslungsreicher, es offenbaren sich verschiedene und neue Einblicke. Bei "Alice" perlen auch mal Synthies, bei "1987" setzen sie Beats aus der Dose und einen Stimmeffekt ein. Dabei ist die Wiederholung nach wie vor ein auffälliges Stilmittel beim Gesang. Das sich steigernde Skandieren von zumeist nur wenigen Sätzen und Worten ist nach wie vor bei vielen Songs unverkennbares Qualitätsmerkmal von Karies, die Dynamik in jeder Hinsicht groß schreiben. Das Spiel mit den Worten bewegt sich im schwäbischen Rübenfeld entlang eines krautrockigen Dadaismus, der neben den dräuenden Postpunkgitarren auch bisweilen mal von augenzwinkernder Epik begleitet wird, aber durchaus auch nach wie vor Klaustrophobie neigen kann. Ein von Max Rieger (Die Nerven) produziertes, großes deutschsprachiges Album, das trotz erhöhter Zuversicht mit seiner eindeutigen Zweideutigkeit gekonnt falsche Fährten legt.